Porträt des Landesverbands

Im Mittelpunkt die Menschen – so wie sie sind

Die hessischen Aidshilfen bieten vielfältige Unterstützung an. Was ihre Angebote auszeichnet, ist die Ausrichtung am Leitwert der Lebensweisenakzeptanz. Die Beratung zu gesundheitlichen und sozialen Problemlagen ist nicht an eine bestimmte Idealvorstellung davon gebunden, wie Menschen ihr Leben gestalten sollten. Vielmehr sind Aidshilfen Räume, in denen die Menschen in ihrem So-sein respektiert werden, sich akzeptiert fühlen und entfalten können. Das Ziel der Aidshilfen ist es, Unterstützung bedarfsgerecht und unkompliziert zu leisten.

Unsere Wurzel: Antwort der Betroffenen auf eine Krise

Auch in Hessen sind die Aidshilfen seit dem Höhepunkt der Aids-Krise, Mitte der 1980er Jahre, entstanden. Sie waren die Antwort vieler Menschen, die selbst von Aids besonders betroffen waren: als Erkrankte, zu den besonders bedrohten Gruppen Zugehörige und solidarische Engagierte. In dieser Zeit herrschten Ratlosigkeit und große gesellschaftliche Ängste angesichts der neuen, tödlichen Erkrankung. Im Gesundheitswesen, in Familien und privaten Umfeldern drohte Infizierten und Erkrankten Abwendung, Ausgrenzung, Diskriminierung. Teile der Politik drohten mit repressiven Maßnahmen gegen Menschen, die HIV-positiv waren oder eines größeren Risikos bezichtigt wurden. In diesem Klima fassten sich insbesondere schwule Männer ein Herz und gründeten Vereine, die Informationen vermitteln, beim Schutz vor der Infektion unterstützen und Betroffene beraten und begleiten. Es war ein Versuch der Selbstorganisation und Selbsthilfe derjenigen, für die das Virus eine besondere Bedrohung darstellte.

Ziel war es, Erkrankte und Sterbende nicht allein zu lassen. Es ging aber auch um den Abbau der allgegenwärtigen Angst und der Vermittlung von zutreffenden, praktisch umsetzbaren Informationen, die einen Umgang mit der neuen Bedrohung ermöglichten (Safer Sex, Safer Use). Nicht zuletzt ging es um politisches Engagement: Im Einsatz gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Zwangsmaßnahmen, mit denen Teile von Politik und Gesellschaft auf die neue Situation reagierten.

Antwort auf Mehrfachdiskriminierung

HIV und Aids betreffen in Deutschland zu einem sehr hohen Anteil Menschen, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen bereits von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sind: Unter anderem Männer, die Sex mit Männern haben und andere queere Menschen, Menschen mit Herkunft aus Hochprävalenzgebieten, die von Rassismus bedroht sind (in Deutschland zu einem wiederum hohen Anteil Frauen), Menschen, die illegalisierte Substanzen konsumieren. Überdies spielt das Thema HIV/Aids in besonderen Kontexten wie der Sexarbeit/Prostitution und für Menschen in Haft häufig eine besondere Rolle. Die Herausforderungen der Prävention und der Unterstützung der Betroffenen konnten daher nicht bewältigt werden, ohne die Lebensverhältnisse dieser Gruppen zu adressieren.

Das Aidshilfe-Konzept der strukturellen Prävention, zu dessen Entwicklung wesentliche Beiträge auch in Hessen geleistet wurden, beinhaltet es daher, umfassende Unterstützung zu leisten. Beratung kann über Fragen des Schutzes vor und Umgangs mit HIV und sexuell übertragbaren Erkrankungen hinaus auch weitere psychosoziale Problemlagen umfassen. Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf finden im Rahmen der Aidshilfe-Arbeit der Eingliederungshilfe einen akzeptierenden Rahmen für längerfristige Begleitung. Menschen in Krisensituationen werden niedrigschwellig praktische Hilfen angeboten. Im Bereich der Prävention sind zudem Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit und die niedrigschwellig und anonym zugänglichen HIV-/STI-Testangebote von Bedeutung.

Vielfältiges Angebot der neun Aidshilfen

Die neun hessischen Aidshilfen verfügen heute über ein vielfältiges, differenziertes Angebot für unterschiedlichste Bedarfslagen. Es umfasst so unterschiedliche Arbeitsgebiete wie Infrastruktur für queere Menschen bis hin zu Angeboten niedrigschwelliger Drogenhilfe.

In ihrem Landesverband unterstützen und koordinieren sich die hessischen Aidshilfe-Vereine. Ein Schwerpunkt liegt dabei bei der Erstellung gemeinsamer fachlicher Standards. Zum Beispiel werden für die Arbeit in der Eingliederungshilfe oder im Bereich Prävention gemeinsam Leitlinien festgelegt. Oft war der Landesverband dabei in der Fachdiskussion Vorreiter. So wurde seitens der Aidshilfe Hessen bereits 2008 das Wissen anerkannt, dass HIV bei funktionierender Therapie nicht mehr übertragbar ist. In einer Vielzahl von Arbeitsgemeinschaften engagieren sich Mitarbeitende der Aidshilfen in der Entwicklung der fachlichen Grundlagen.

Gemeinsam werden die Interessen der Menschen, die mit HIV leben oder zu den besonders betroffenen Gruppen zählen, in der Öffentlichkeit und im Dialog mit Verwaltung und Politik vertreten.

Zudem ist der Landesverband Träger gemeinsam betriebener Projekte: „Hessen ist geil!“ ist ein Projekt der Gesundheitsförderung queerer Menschen, der „Rainbow Refugee Support“ berät hessenweit Menschen, die aufgrund der Verfolgung ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität nach Deutschland geflohen sind, im Integrationsprozess. Im Projekt „Präventionsautomaten“ werden Drogen gebrauchenden Menschen niedrigschwellig Safer-Use-Utensilien zur Verfügung gestellt. Die Evaluation und Entwicklung von Präventionsmaßnahmen ist Aufgabe des Projekts „Ziele 2030“, aus dem heraus neue Maßnahmen entwickelt und die Vernetzung und Abstimmung von relevanten Akteur*innen gefördert wird.

Dabei ist die Aidshilfe Hessen nicht allein Vertretung ihrer Mitgliedsorganisationen, sondern versteht sich als Organisation der Selbsthilfe. In ihrem Netzwerk Pro Plus Hessen engagieren sich HIV-positive Menschen aus dem ganzen Bundesland gegen Stigmatisierung und für gegenseitige Unterstützung. Mit dem hessischen Positiventreffen organisiert es alljährlich die aktuell größte Zusammenkunft von Menschen, die im Bundesland mit HIV leben. Das Netzwerk steuert die verbandlichen Aktivitäten über seine Vertretung im Landesvorstand mit. Das Referat „Leben mit HIV in Hessen“ in der Landesgeschäftsstelle unterstützt, entwickelt und koordiniert die Aktivitäten der Selbsthilfe.

Wir freuen uns, wenn Sie sich auf unserer Website näher über die Arbeit des Verbands informieren und auch die Websites unserer Mitgliedsorganisationen besuchen. Sollten Sie Fragen oder Anliegen zu unserer Arbeit haben, kontaktieren Sie uns gerne.