FAQs

Ein Präventionsautomat an einer Hauswand.
© Aidshilfe NRW

An dieser Stelle beantworten wir regelmäßig an Automatenprojekte gestellte Anfragen. Für weitere Anliegen können Sie uns gerne persönlich kontaktieren. (Kontaktdaten s. u.)

Ist es legal, Konsumutensilien abzugeben?

Ja! - Eine Regelung im Betäubungsmittelgesetz erlaubt ausdrücklich die Abgabe von Utensilien (in diesem Fall Spritzen und Nadeln) für den Drogengebrauch. Der Gesetzgeber sieht dabei keinen Anreiz gegeben, der Menschen dazu bringen würde, mit dem Gebrauch illegalisierter Substanzen zu beginnen (§29 Abs. 1 BTMG).

Gibt es Nachweise, dass Präventionsautomaten sinnvoll sind?

Ja! - Es ist hinreichend erforscht, dass eine umfassende Vergabe von Konsumutensilien Infektionsrisiken senkt.[1] Die Automaten ermöglichen es Konsument*innen ohne „Schwellenängste“ unter anderem sterile Spritzbestecke zu beziehen. Jede Situation des akuten Drogengebrauches, in der kein Needle-Sharing (gemeinsamer Gebrauch eines Spritzbestecks von zwei oder mehreren Menschen) stattfindet, ist eine Situation, in der kein Infektionsrisiko für HIV und Hepatitis besteht. Das gilt jedoch nur, wenn ebenso keine Löffel, Filter, Wasser, Pfeifen, Sniefröhrchen und weitere zum Drogengebrauch notwendigen Utensilien geteilt werden. Die goldene Regel: „Alles, was ich Konsum brauche, nutze ich nur von mir und für mich.“ 

Zudem zeigt eine Studie aus NRW, dass Automaten die Versorgung in städtischen Gebieten verbessern und in ländlichen Gebieten sogar oft die einzige Quelle für saubere Utensilien darstellen.[2] Verkaufsautomaten spielen also eine wichtige Rolle als Teil einer umfassenden Strategie der Schadensminimierung.[3]

[1]  Bremer, V., Cai, W., Gassowski, M., Haußig, J., Marcus, U., Nielsen, S., & Zimmermann, R. (2016). Drogen und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland-DRUCK-studie, p.143.

[2] D. Deimel, C. Bock, F. Oswald, A. L. Meyer (2018). Abschlussbericht: harm reduction 24/7. Die Versorgung von harm reduction Materialien über Automaten für Drogenkonsumenten in NRW, p. 26f.

[3]  Dolan, K. MacDonald, M., Silins, E. & Topp, L. (2005). Needle and syringe programs: A review of the evidence. Canberra: Australian Government Department of Health and Ageing, p.11f.

Wie viele Automaten bräuchte es in Hessen, um eine Flächendeckung zu erreichen?

Als Zielgröße bräuchte es ca. 60 Automaten in Hessen, damit in jedem größeren Ort mindestens ein Angebot zur anonymen Versorgung mit Utensilien existiert.[1] Ansonsten richtet sich die Anzahl stark nach den Bedarfen vor Ort. Berlin beispielsweise betreibt für die gesamte Stadt 20 Automaten. Der Kreis Warendorf in NRW betreibt bereits 11 Automaten für die ca. 282.000 Einwohner*innen, davon ein Automat in der kleinen Gemeinde Beelen, mit nur etwa 6.000 Einwohnenden.

[1]  Gerechnet für eine Stadt ab ca. 20.000 EW. Ländliche Gebiete dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden, sofern ein Bedarf besteht.

Gibt es Maßnahmen, um Kinderschutz zu gewährleisten?

Ja! - Die Automaten werden in einer Höhe installiert, die es Kindern unmöglich macht, an den Geldeinwurfschlitz zu gelangen. Auch der Entsorgungsschacht für benutztes Besteck ist so platziert, dass er für Kinder nicht erreichbar ist und zur fachgerechten Abfallentsorgung anregt. Bei der Standortwahl wird darauf geachtet, die Automaten nicht in der Nähe von üblichen Aufenthaltsorten von Kindern und Jugendlichen zu platzieren. Bisher gibt es aus den Erfahrungen der Automatenprojekte heraus sowie aus wissenschaftlicher Sicht keine Belege dafür, dass Präventionsautomaten eine Gefahr für Kinder darstellen.[1]

[1] Zum Beispiel: Dolan, K. MacDonald, M., Silins, E. & Topp, L. 2005. Needle and syringe programs: A review of the evidence. Canberra: Australian Government Department of Health and Ageing, p.11. (Anmerkung: Die Erfahrungen aus den deutschen Projekten belegen dies zusätzlich)

 

Kostet das Projekt die Städte Geld, wenn sie sich für die Aufstellung von Automaten entscheiden?

Für die einzelnen Städte fallen grundsätzlich keine Kosten an. Ein Automat vor Ort benötigt jedoch eine zuständige Person, die die Befüllung übernimmt, und technische Probleme meldet. Diese Person kann beispielsweise aus einer städtischen Behörde, einem Drogenhilfeträger oder aus einer Selbsthilfegruppe kommen und Personalkosten hervorrufen. Alternativ ist ein ehrenamtliches Engagement oder die Schaffung eines Arbeitsprojektes hierfür denkbar. Die Automaten werden durch den Landesverband der Aidshilfen beschafft, montiert und gewartet. Sie verbleiben auch im Eigentum des Verbands. Kosten können durch die Bestellung von Präventionspaketen entstehen, die über die Automaten abgegeben werden sollen. Der Landesverband der Aidshilfen bietet hier ein umfassendes, aus fachlicher Sicht sinnvolles und auf die Bedarfe der Zielgruppe zugeschnittenes Sortiment an. Die Vor-Ort-Betreiber können die durch Bestellung der Materialien entstehenden Kosten dann über den Verkauf durch Automaten an die Nutzer*innen/Kund*innen weitergeben.

Möchte sich eine Stadt bzw. ein Gesundheitsamt darüber hinaus finanziell beteiligen, um beispielsweise die Präventionsutensilien im Preis zu subventionieren und dadurch den Erwerb der Safer Use- und Safer Sex-Schachteln für Drogengebrauchende zu erleichtern, begrüßen wir dieses Engagement sehr! 

Schafft man mit der Vergabe von Utensilien einen Anreiz, mit dem Drogengebrauch zu beginnen?

Nein! - Es gibt keine Evidenz, dass die Vergabe von Konsumutensilien Menschen zum Erstgebrauch bewegt.[1] Stattdessen mindert die Vergabe mögliche Schäden, die durch den Gebrauch auftreten können, wie z.B. Verletzungen durch Mehrfachnutzung von (stumpfen) Nadeln oder durch das Teilen von Röhrchen, Löffeln und Filtern.[2]

[1] World Health Organization. (2004). Effectiveness of sterile needle and syringe programming in reducing HIV/AIDS among injecting drug usersWorld Health Organization, p. 21.

[2]Bremer, V., Cai, W., Gassowski, M., Haußig, J., Marcus, U., Nielsen, S., & Zimmermann, R. (2016). Drogen und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland-DRUCK-Studie, p.10.

Reicht es nicht, wenn Utensilien über Beratungsstellen und Apotheken abgegeben werden?

Nein! – Beratungsstellen und Apotheken ermöglichen keinen bzw. nicht immer hürdenfreien Zugang rund um die Uhr. Die Apotheke, die jeweils den nächtlichen Bereitschaftsdienst stellt, ist oft nicht zu Fuß oder innerhalb angemessener Zeit erreichbar und darf einen Nachtzuschlag von 2,50 € verlangen. Ferner ist der Erwerb in Apotheken und Beratungsstellen nicht anonym möglich. Dabei meiden manche Menschen direkten Kontakt zu einer entsprechenden Stelle. Gerade Apotheken sind in der Auswahl der Utensilien für verschiedene Konsumformen meist lediglich auf intravenöses Besteck beschränkt. Andere Produkte, wie Rauchfolien oder Ziehröhrchen, sind dort nicht zu finden. Wenn Sie eine Apotheke oder eine Beratungsstelle sind, die ihr Angebot in der Versorgung mit Präventionsutensilien erweitern möchte oder an der Realisierung eines Automatenstandortes interessiert ist, beraten wir hierzu sehr gerne.

Ist die Gefahr, bei der Benutzung der Präventionsautomaten verhaftet bzw. observiert werden, nicht hoch?

Nein! - Wenn sich die Polizei an die an den Aufstellorten gemachten Zusagen hält, dass die Präventionsautomaten nicht besonders beobachtet werden. Die Polizei ist nach eigenen Angaben vornehmlich an der Zerschlagung des illegalisierten Handels und weniger an den einzelnen User*innen interessiert.

Verringert das Angebot des Präventionsautomaten die Therapiebereitschaft Drogen gebrauchender Menschen?

Nein! - Ausgangspunkt für die Nutzung eines Therapieangebotes ist immer die persönliche Situation, wie z. B. Beschaffungsdruck, ungesichertes soziales Umfeld, gesundheitlicher Zustand usw. und nicht die Möglichkeit, sterile Utensilien zu erwerben.

Gibt es eine Möglichkeit, das Sortiment zu verändern?

Ja! - Wir sind immer offen für Verbesserungsvorschläge und bedarfsgerechten Veränderungen. Auf jedem Automaten wird eine Mailadresse und ein QR-Code zur Kontaktaufnahme abgebildet sein. Darüber ist eine Rückmeldung zu Automat und Sortiment möglich.

Diese FAQs wurden in Zusammenarbeit mit der Aidshilfe NRW erstellt. (Spritzenautomaten - Fragen & Antworten - Fragen und Antworten zum Automatenprojekt)